Artikel: Expertenblick – Folge 1
Zwischen Kontrolle und Detektivarbeit
Als Wagenmeister gehört es zu meinem Alltag, bei der Wagenuntersuchung nicht nur den technischen Zustand zu prüfen, sondern auch die Reihung der Wagen mit den Daten im System abzugleichen. Meist ist das Routine – doch hin und wieder erzählen die Zahlen auf den Wagenseiten eine ganz eigene Geschichte.
An einem Tag in Seelze fiel mir eine besonders markante Nummer ins Auge: 2180 2459 000-0. Für viele wäre das nur eine Reihe von Ziffern. Für mich war sofort klar: Hier steckt ein echter „Nerd-Fakt“ dahinter.
Der Code hinter den Ziffern
Wer UIC-Wagennummern lesen kann, versteht, dass jede Stelle eine konkrete Bedeutung hat:
• 21 – Interoperabilität im europäischen Schienenverkehr • 80 – Ländercode Deutschland, registriert bei einem deutschen EVU (hier DB Cargo) • 2 – Gattungsbuchstabe „H“ (geschlossener Güterwagen) • 459 – Kennbuchstaben, die Details zur Bauart verschlüsseln (z. B. „Hbbillns“) • 000 – laufende Nummer des Wagens • -0 – Selbstkontrollziffer Letztere wird nach einer festen mathematischen Methode ermittelt: Die ersten 11 Ziffern werden abwechselnd mit 2 und 1 multipliziert, die Quersummen gebildet, und der Rest zum nächsten vollen Zehner ergibt die Kontrollziffer. In diesem Fall: 0.
Warum diese Nummer besonders ist
Die laufende Nummer 000 bedeutet: erster Wagen seiner Bauart – in diesem Fall der Urvater der Hbbillns-Bauart 305. Dass auch noch die errechnete Selbstkontrollziffer 0 ergibt, macht das Ganze selten. Fast so selten wie ein Sechser im Lotto.
Für uns Fachleute ist das nicht nur eine nette Randnotiz – es zeigt auch, wie lange ein Wagen zuverlässig im Einsatz bleiben kann, wenn er regelmäßig geprüft und instandgehalten wird.
Mehr als nur Stahl und Räder
Dieser „erste seiner Art“ fährt seit Jahren quer durch Europa, trägt täglich zu nachhaltigen Transportketten bei und ist Teil eines Systems, das verlässlich Millionen Tonnen Güter bewegt.
Für mich als Wagenmeister macht genau das den Reiz des Berufs aus: Technik verstehen, Details erkennen und ein Stück Eisenbahngeschichte im Alltag wiederfinden.Über den Autor
Matthias Maage ist Wagenmeister im Schienengüterverkehr bei DB Cargo am Standort Seelze. Nach dem Abitur entdeckte er in Australien seine Leidenschaft für große Maschinen, absolvierte eine Ausbildung zum Landmaschinenmechatroniker und wechselte anschließend als Quereinsteiger in den Bahnbereich.
Als #Trainfluencer teilt er Einblicke in den Berufsalltag und begeistert damit Fach- und Eisenbahnfans gleichermaßen.