Die Zukunft der Seidenstraße

Die Zukunft der Seidenstraße

Für das größte Infrastrukturprojekt des 21. Jahrhunderts entwickelt DB Cargo permanent neue Routen Richtung Fernost.


Wer an China denkt, hat nicht selten Bilder von Weltwundern und Jahrtausende alter Tradition vor Augen. Dabei ist das Reich der Mitte längst viel mehr. China ist eine tragende Säule der Weltwirtschaft, Technologietreiber und logistischer Vordenker. 2013 stellte Chinas Staatschef Xi Jingping seine Vision einer Neuen Seidenstraße erstmals auf einer Konferenz in Kasachstan vor. Das spannendste und größte Infrastrukturprojekt des 21. Jahrhunderts wird am Ende rund 70 Länder und mehr als 4,5 Milliarden Menschen miteinander vernetzen – über die Hälfte der Weltbevölkerung.

Die neue Seidenstraße

Über 900 Milliarden US-Dollar investiert China in den kommenden Jahren in die Neue Seidenstraße. Allein tausende Kilometer neue Bahngleise machen die Nordrouten über Russland und Kasachstan auf den Spuren der legendären Transsibirischen Eisenbahn zur wichtigsten Trasse im Schienengüterverkehr. Die Transporte auf dem transeurasischen Korridor sind schneller als mit dem Containerschiff und kosten nur ein Zehntel vergleichbarer Luftfracht. Und die Deutsche Bahn hat Erfahrung auf dieser Route: 1973 reiste ein erster Container auf der Transsibirischen Eisenbahn. Im Jahr 2008 erreichte ein Test-Güterzug aus Peking die Hansestadt Hamburg und im Oktober des gleichen Jahres folgte der erste reguläre Containerzug aus Xiantang.

Xi'an war einst der Ausgangspunkt der Seidenstraße. Seine Bedeutung für den Handel besitzt es bis heute.


Zeitenwende im Schienengüterverkehr

Seit März 2011 bietet DB Cargo nun regelmäßige Zugverbindungen zwischen China und Deutschland. Denn auch 2020 war China – zum fünften Mal in Folge – Deutschlands wichtigster Handelspartner. Über 12.000 Züge fuhren 2020 auf dem Eurasischen Korridor, Tendenz steigend. Und doch laufen bislang nur fünf Prozent des Güterverkehrs von und nach China über die Schiene. Die DB will die Transportkapazitäten deshalb weiter erhöhen ¬– von mehr als 200.000 Containern (TEU) auf dem Eurasischen Korridor im Jahr 2020 auf 500.000 Container (TEU) im Jahr 2025. Das ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll: Denn der Güterzug verursacht im Vergleich etwa 95 Prozent weniger CO2-Emissionen als das Flugzeug und fast 70 Prozent weniger als der Lkw. Containerschiffe sind zwar vergleichbar im Ausstoß, dafür aber sehr viel langsamer. Und Luftfracht nach Europa ist zwar schneller, aber bis zu zehnmal teurer.

Weite Landschaften erstrecken sich entlang der Bahnlinien zwischen China und Europa.


Wachstum: Neue Verbindungen zur Seidenstraße

Laut chinesischer Statistik hat sich der Wert der transportieren Waren in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 um rund 50 Prozent erhöht. Deshalb wird die Neue Seidenstraße permanent um neue Routen erweitert: Seit April 2020 bietet DB Cargo Eurasia unter anderem eine neue intermodale Lösung auf der „Short-Sea-Strecke Rostock-Kaliningrad“. Elektronik, Textilien, Dosentomaten, Teiglinge für Brötchen oder – prominentestes Beispiel – Corona Schutzmasken werden in Containern auf Züge geladen und von chinesischen Logistikern auf den Weg gebracht. Meist per Schiene über den Landweg, aber immer öfter – zum Beispiel, wenn Bauarbeiten im polnischen Malaszewicze umfahren werden müssen oder der Grenzverkehr stockt – über den Seeweg Kaliningrad-Rostock. Runter von der Bahn, rauf aufs Schiff und umgekehrt. 
 

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Für Martin Rotbarth, Vertriebsleiter bei Euroports, Hafenlogistik, war es ein besonderer Moment Rostock an der Ostseeküste an Asien anzubinden. „Das war ein visionäres Projekt“, erzählt er von den ersten Schritten. „Das musste in den Köpfen erst mal ankommen. DB Cargo war dabei Vorreiter und hat uns alle mitgenommen.“ Im April 2020 starteten die ersten intermodalen Transporte. 50 Container wurden damals im Monat auf der Schnittstelle Bahn-Schiff befördert, heute sind es tausend und der Korridor wächst weiter. DB Cargo Eurasia bedient wöchentlich mit bis zu vier Zügen (Eastbound und Westbound) die Verbindung Xi'an-Kaliningrad-Rostock. Zwei Drittel der Waren sind aus deutscher Sicht Importe, ein Drittel Exporte. Und für die kommenden zehn Jahre prognostiziert eine Studie der Beratungsfirma Roland Berger der Schiene im Containerverkehr ein jährliches Wachstum von mindestens zehn Prozent. Schon bald könnten sich also täglich bis zu 20 Container-Züge auf den langen Weg zwischen den Kontinenten machen.