Herr Cuenca, seit dem Amtsantritt von Donald Trump ist das Thema „Zölle“ immer wieder in den Schlagzeilen. Wie wirken sich diese geopolitischen Entwicklungen auf den Schienengüterverkehr aus?
Cuenca: Handelskonflikte wirken sich nicht unmittelbar auf die Zollprozesse im Schienengüterverkehr aus. Denn in der Regel transportieren wir keine eigenen Waren, sondern Waren unserer Kunden. Es sind üblicherweise die Parteien des Handelsgeschäfts, welche die Aus- bzw. Einfuhr anmelden und daher von einer Zollerhöhung direkt betroffen sind. Die Auswirkung von Handelskonflikten merken wir jedoch mittelbar, wenn beispielsweise die Warenströme abnehmen oder sich in andere Länder verlagern, was dann das Transportvolumen verringert.
Und wie beeinflussen Zölle die logistischen Abläufe im Schienengüterverkehr? Sind Transportgeschwindigkeit und -kosten dadurch anzupassen?
Cuenca: Eine Einfuhr in die EU muss ohnehin angemeldet werden, unabhängig von der Höhe eines Zollsatzes. Die Erhebung neuer oder erhöhter Zölle hat also keine unmittelbare Auswirkung auf die logistischen Prozesse. Von besonderer Bedeutung für die logistischen Abläufe sind Versandverfahren, die elektronisch angemeldet werden. Diese Verfahren machen einen Grenzstopp für die Einfuhranmeldung grundsätzlich überflüssig, sodass der Transport direkt zum Empfänger ins Hinterland durchgeführt werden kann.
Was müssen Unternehmen beachten, wenn sie grenzüberschreitend unterwegs sind – besonders wenn es um spezielle Zollvorgaben für den internationalen Schienengüterverkehr geht?
Cuenca: Es ist wichtig zu wissen, dass Transporte von EU-Waren nur dann zollrelevant sind, wenn sie über EU-Grenzen hinweg stattfinden, etwa der Transport von deutscher Ware nach Großbritannien oder in die Schweiz. Innerhalb der EU sind Transporte von Waren mit Herkunft außerhalb der EU zollrelevant, wie etwa die Lieferung von unverzollter Ware aus China, die über den Hamburger Hafen nach München oder Paris transportiert wird.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Zollbereich für den Schienengüterverkehr?
Cuenca: Eine der größten Herausforderungen war der gesetzliche Wegfall des „vereinfachten Eisenbahnversandverfahrens“ (vgVV), das sowohl bahn- als auch kundenfreundlich war. Wir bei DB Cargo AG haben frühzeitig reagiert und bieten seit 2023 alternative Zollleistungen an, die am Markt gut angenommen werden, wie etwa das NCTS-Versandverfahren ab den deutschen Seehäfen im kombinierten Verkehr. Als nächstes stehen Änderungen bei der Einfuhrverzollung in die Schweiz an, die bis zum zweiten Quartal 2026 umgesetzt werden müssen. Diese Anpassungen sind aufgrund der beteiligten Stakeholder recht komplex, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht nach viel klingen.
Welche Rolle spielen digitale Systeme, wie das NCTS, bei der Zollabwicklung und wie wirken sich diese Lösungen auf die Effizienz aus?
Cuenca: Elektronische Systeme wie das NCTS spielen eine entscheidende Rolle, da sie die Zollabwicklung erheblich effizienter machen. Durch die elektronische Anmeldung entfällt der Gang zum Zoll und auch das manuelle Abstempeln von Frachtbriefen. Schnittstellen zu Auftrags- oder anderen Vorsystemen ermöglichen es, Daten für die Zollanmeldung automatisch zu übernehmen, was eine enorme Zeitersparnis bedeutet. Wenn Unternehmen wie wir dann auch noch bestimmte Bewilligungen für weitere Vereinfachungen besitzen, können Zollanmeldungen sogar außerhalb der regulären Zollöffnungszeiten vorgenommen werden.
Könnten neue Trends oder Entwicklungen im Bereich der Zollabwicklung den Schienengüterverkehr langfristig verändern?
Cuenca: Der Wegfall des papierbasierten vgVV war eine solche Entwicklung. Auch bei NCTS-Versandverfahren gibt es mittlerweile die Möglichkeit, auf die Mitführung des Versandbegleitdokuments in Papierform zu verzichten. Dieser Schritt weg vom Papier-Handling, ist ein klarer Fortschritt und entlastet unsere Kolleginnen und Kollegen.
Zum Abschluss: Welche Best Practices können Sie Unternehmen empfehlen, um ihre Zollprozesse effizienter zu gestalten und Verzögerungen zu vermeiden?
Cuenca: Die beste Strategie ist es, eine hohe Datenqualität sicherzustellen und gleichzeitig möglichst viele Prozesse zu automatisieren. Gute Kolleg:innen und kompetente Ansprechpartner:innen bei den Beteiligten im Logistikprozess sind ebenfalls wichtig. Wenn diese Faktoren stimmen, können Unternehmen ihre Zollprozesse effizient gestalten und Verzögerungen vermeiden.
Danke an Cristian Cuenca für das offene Gespräch und die klaren Einordnungen rund um das Thema Zölle.