Artikel: Expertenblick – Folge 3 Flachstelle
Jeder Wagenmeister kennt das Gefühl: Ein Zug steht auf dem Gleis, alles wirkt normal – und doch spürt man sofort, wenn etwas nicht stimmt. Heute ist es ein Wagen mit einer Flachstelle, der unseren Plan durcheinanderbringen könnte. Mein Name ist Matthias Maage, ich bin Wagenmeister bei DB Cargo, und ich erkläre, wie wir solche betrieblichen Unregelmäßigkeiten erkennen und lösen.
Die Gegensprechanlage leuchtet auf „FDL Sof“.„Rüdiger? Matze? Guckt gleich mal aus dem Fenster.“
Normalerweise informiert uns Ute, unsere Kollegin aus dem Stellwerk, wenn der leere Kohlezug aus dem VW-Werk eintrifft. Heute war der Wagen jedoch schon da, bevor wir Bescheid bekommen hatten – offenbar hatte sich der Zugplan leicht verschoben.
Als wir den Wagen leicht verschieben, spüren wir sofort die Vibrationen durch die Flachstelle und hören das typische Klopfgeräusch über die Schienen. Dass wir das Problem so früh erkennen, hat entscheidende Vorteile:
- Schäden verhindern: Lager, Rad und Schienen werden geschützt, bevor größere Probleme entstehen.
- Minimale Verzögerungen: Der Zugbetrieb kann schneller angepasst werden, Lieferketten bleiben stabil.
- Schnelle Ursachenanalyse: Dokumentation, Mängelmeldung und Reparaturplanung starten sofort, der Wagen ist schneller wieder einsatzbereit.
- Effiziente Zusammenarbeit: Wagenmeister, Disponent und Qualitätsprüfer arbeiten eingespielt zusammen – ein praktisches Beispiel für professionelle Betriebsführung.
Was ist eine Flachstelle?
Eine Flachstelle entsteht, wenn sich ein Rad eines Eisenbahnwagens nicht mehr gleichmäßig dreht, zum Beispiel weil die Bremse blockiert oder der Wagen auf der Strecke gerutscht ist. Das Rad schleift auf der Schiene und bildet eine abgeflachte Stelle. Folgen sind starke Vibrationen, Geräusche und erhöhter Verschleiß an Rad und Schiene. Flachstellen können die Bremswirkung beeinträchtigen und müssen daher sofort repariert werden.
Nachdem das Gleis gesperrt und der Zugdisponent informiert wurde, gehe ich an den Wagen. Das Schadbild ist eindeutig: eine defekte Bremseinrichtung am Wagen. Fotos werden dokumentiert, der Schadzettel ausgefüllt, die Bremse deaktiviert, und der Wagen erhält eine Sonderbehandlung.Anschließend beginnt die Ursachenanalyse: Mängelbericht erstellen, Fotos anhängen, Herkunft und Ziel des Wagens recherchieren und alle relevanten Stellen informieren. Für unsere Kunden bedeutet eine solche Unregelmäßigkeit unvermeidbare Verzögerungen. Der Wagen muss zunächst im Werk einen Radsatz tauschen, bevor er wieder eingesetzt werden kann.
Mein Kollege Gerd, Qualitätsprüfer bei DB Cargo, unterstützt bei Schadwagen und Sonderfällen. Zusammen sind wir ein eingespieltes Team: Ich sammle operative Informationen, Gerd bewertet sie und leitet Maßnahmen ein. So konnten wir viele Unregelmäßigkeiten schnell beheben und die Auswirkungen auf den Betrieb minimieren.
Wir arbeiten kontinuierlich daran, Produktionsqualität und Effizienz zu steigern – dazu folgen bald weitere Einblicke.
Über den Autor
Matthias Maage ist Wagenmeister im Schienengüterverkehr bei DB Cargo am Standort Seelze. Nach dem Abitur entdeckte er in Australien seine Leidenschaft für große Maschinen, absolvierte eine Ausbildung zum Landmaschinenmechatroniker und wechselte anschließend als Quereinsteiger in den Bahnbereich.
Als #Trainfluencer teilt er Einblicke in den Berufsalltag und begeistert damit Fach- und Eisenbahnfans gleichermaßen.