Nachts auf dem Rangierbahnhof #2

Ein Rangierbahnhof mit vielen Gleisen liegt im Dämmerlicht

Nachts auf dem Rangierbahnhof #2

So funktioniert die Drehscheibe des Einzelwagenverkehrs

Der erste Teil unseres Blicks hinter die Kulissen der Nachtschicht auf dem Rangierbahnhof endete mit dem Weg der Güterwagen hinauf auf den Ablaufberg. Welche Aufgaben dort und an den folgenden Stationen erledigt werden, bis der Wagen mit seiner Fracht den Weg in Richtung Ziel antritt, beleuchten wir im zweiten Teil.

Sorgt für den Schub: die Berglok

Eine Rangierlok steht auf einem Rangierbahnhof im Dämmerlicht.
Bereit für den Dienst: die Rangierlok

Eine ganz entscheidende – und schwere – Aufgabe hat die Berglok. Denn damit die einzelnen Wagen vom Ablaufberg ins Tal auf ihre zugewiesenen Gleise gleiten können, müssen sie erst einmal nach oben, dabei werden nicht selten tausende Tonnen Gewicht bewegt. Die Geschwindigkeit regelt dabei ein Computer, die Mitarbeitenden auf der Lok haben aber alles im Auge und Griff. Logischerweise verrichtet die Lok ihren Dienst schiebend, um alle Wagen über den Scheitelpunkt bugsieren zu können. Auf diesem „Sortierhügel“ sind die einzelnen Güterwagen bereits voneinander getrennt, um von dort einzeln hinunter auf ihr zugewiesenes Gleis rollen zu können. 

Entscheidendes Werkzeug: die richtige Kommunikation

Eine andere bedeutende Aufgabe übernehmen die Mitarbeitenden am Berg und im Tal. Hier ist Kommunikation das A und O, denn Bergmeister, Weichenwärter und Talmeister müssen immer wissen, was die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen machen: Denn hat ein Wagen den Scheitelpunkt überquert, rollt er mit Hilfe der Schwerkraft unweigerlich hinunter. Daher müssen alle Beteiligten stets wissen, wann und was „abgedrückt“, also über den höchsten Punkt geschoben wird. Das muss schnell und exakt funktionieren, weshalb es ein eindeutiges Vokabular gibt, das auch den Rangierbegleitern über Lautsprecher zugerufen wird.

Richtig bremsen will gelernt sein

Viel Übersicht muss dabei ein Mitarbeitender von DB Netz beweisen, damit alle Wagen nicht nur ins richtige Gleis rollen, sondern dabei auch nicht zu schnell unterwegs sind. Unterstützt wird die Aufgabe vom Bremscomputer, der anhand des Gewichts die passende Bremsstärke berechnet.

Die im Bremsturm sitzenden Mitarbeitenden kümmern sich um die Verlangsamung der Wagen auf dem Weg vom Berg in ihr Gleis.
Alles im Blick: Aus dem erhöhten Bremsturm wird die Geschwindigkeit gedrosselt.

Unterstützt wird die Bremsung zusätzlich von einer analogen Technik: dem Hemmschuh.Dessen Einsatz koordiniert der Talmeister, der erfahrene Mitarbeitende mit Hemmschuhen an die Gleise schickt. Diese platzieren die sechs Kilo schweren Metallaufsätze auf den Schienen und sorgen dafür, dass die Wagen langsam ausrollen und rechtzeitig zum Stehen kommen – die sogenannte Zielbremsung. 

Kuppeln, testen – und los!

Die Verantwortlichen für die Hemmschuhe haben noch eine weitere Aufgabe: Sie kuppeln die in die jeweiligen Gleise rollenden Wagen vor, bevor die letzten Kontrollen auf die Güterwagen warten. Nach erfolgreicher Bremsprobe und Anschluss an die Druckluft wird der gesamte Zug – also die Lok mit den Wagen – noch einmal kontrolliert, bevor es dann auch wieder auf die Strecke gehen kann. Die Triebfahrzeugführerin oder der Triebfahrzeugführer übernimmt den Zug, meldet DB Netz die Abfahrbereitschaft und schon rollt der Zug hinein in den noch dunklen Morgen.